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Auf dem Weg zum COHE 2025
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Auf dem Weg zum Europäischen College der Humanökologie
Dieter Steiner & Wolfgang H. Serbser - 2025
Die Idee: Hintergrund, sowie erste Sondierungen und Maßnahmen
Im Gefolge des steigenden Umweltbewusstseins und speziell auch der ersten Umweltkonferenz der UNO in Stockholm 1972 wurden an einer Reihe von Hochschulen in Europa Studienangebote in Humanökologie etabliert. Diese sind bis heute aus zwei Gründen weitgehend wieder verschwunden. Erstens ist die Humanökologie kein traditionell anerkanntes Fach und greift gleichzeitig aber über den üblichen Wissenschaftsbetrieb hinaus. Vertretern einer »reinen« Wissenschaftlichkeit ist dies ein Dorn im Auge. Zweitens ist im Zuge der Ökonomisierung der höheren Bildung, wozu die Einführung des so genannten Bologna-Systems in Europa gehört, die notwendige Beschäftigung mit der Umweltproblematik weitgehend dem Konzept der »nachhaltigen Entwicklung« übertragen worden. Dieses hat kaum den nötigen Tiefgang, weder auf der Seite der Materie (gesellschaftliche Gründe für die gegenwärtige prekäre Lage), noch auf der Seite der Studierenden (Persönlichkeitsbildung).
In dieser Situation kam 2005 beim Soziologen und Humanökologen Wolfgang Serbser die Überzeugung auf, dass die Gründung eines College für Humanökologie im europäischen Raum unbedingt nötig sei. Anlass dazu waren seine Erfahrungen aus der Hochschulreform deutscher Universitäten und seine federführende Mitwirkung an neuen Studiengängen an der Technische Universität Berlin und Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus, in denen so manche Errungenschaft, wie z.B. Projektstudium und praktische Feldstudien verloren gingen. Anlass war aber insbesondere die bei etlichen Besuchen am College of the Atlantic (COA) in den USA gewonnenen Eindrücke, das dort gelebte Praxis war, was in der Reform der deutschen Studiengänge als nicht machbar galt (vgl. den Text »Das College of the Atlantic (COA): Unser großes Vorbild« und Steiner 2011). Als organisatorisches Gefäß konstituierte sich innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Humanökologie (DGH) die Studiengruppe College of Human Ecology and Liberal Arts. In ihr wurde unter der Leitung von Serbser die Projektentwicklung in Angriff genommen. Es wurden Kontakte zum COA etabliert und Überlegungen zu möglichen Standorten für ein europäisches College angestellt: In Deutschland eine Nordseeinsel, Rügen in der Ostsee oder die Biosphäre Spreewald südlich von Berlin, in der Schweiz die Biosphäre Entlebuch (westlich von Luzern) oder das Pays d’Enhaut (Kanton Waadt). Ein Gründungsaufruf in Englisch erschien in der Zeitschrift GAIA (Serbser & Mrzljak 2006, für die deutsche Version siehe Aufruf 2006). Für eine Begründung siehe auch Ein College der Humanökologie in Europa.
Am 13. September 2007 fand an der TU Berlin ein internationales DGH-Symposium unter dem Titel »Perspektiven der Humanökologie und Hochschulbildung in Deutschland und der Schweiz« statt. Unter der Moderation des Studiengruppen-Mitglieds Parto Teherani-Krönner von der Humboldt-Universität kamen weitere Aspekte der Etablierung eines College zur Sprache. Dabei gab der damalige Präsident des COA, David Hales, eine Unterstützungserklärung ab (siehe dazu Serbser & Mrzljak 2007. Hier finden sich auch Angaben über die ersten Arbeiten der Studiengruppe). Eine College-Gründung war auch das Thema eines Symposiums mit dem Titel Directions in human ecology education – a core human ecology curriculum? an der 17. Internationalen Konferenz der Society for Human Ecology (SHE)[1] in Manchester, 2009. Dabei kam es zur Formulierung einer Deklaration. Siehe Manchester Declaration.
Konzentration auf Emmendingen
Nun gab es aktive Interessensmeldungen aus zwei Regionen: Aus dem Raum von Freiburg i.Br. und aus Weißenburg in Bayern. Im ersteren gab es Kontakte zur Regionalwert AG in Eichstetten mit Blick auf einen möglichen zukünftigen Lehr - und Forschungsschwerpunkt ökologischer Landbau. Nach ermunternden Gesprächen mit dem Oberbürgermeister rückte aber die Stadt Emmendingen nördlich von Freiburg i.Br. in Baden-Württemberg als bevorzugter Standort ins Blickfeld, da die Region vielfältige Anknüpfungspunkte für einen praxisorientierten Studiengang bot. Dort fand dann im Februar 2011 auch ein viertägiger öffentlicher Planungsworkshop vom Typus Charrette statt. Dabei waren auch Ernst Ulrich von Weizsäcker, der spätere Co-Präsident des Club of Rome und Nader Maleki, Vorsitzender des Kommunikationsunternehmens Maleki Corporate Group und des International Bankers Forum (IBF). Der Stadtplaner Harald Kegler und das Architekturbüro Duane Phillips stellten sich für die Themen Stadt, Region und Wirtschaft bzw. Architektur, Objektplanung und -kosten zur Verfügung. Einen den Collegebetrieb betreffenden Finanzierungsplan hatte Wolfgang Serbser schon früher erstellt und auch den Raumbedarf ermittelt. An der Charrette wurden mögliche Standorte für das College (Umnutzung bestehender Gebäude oder Neubauten) begutachtet, mögliche Inhalte des Studienprogramms diskutiert und ein Förderverein Emmendinger Bürger gegründet. Die Ergebnisse wurden schließlich in einer öffentlichen Veranstaltung den Vertretern der Stadt überreicht. Siehe Ergebnisse der Charrette. Zum Stand der Arbeiten der Studiengruppe bis 2011 siehe Steiner 2011.
Im November des gleichen Jahres fand in Emmendingen auch die dreitägige Jahrestagung des Council of European Urbanism Deutschland (CEUD) statt. Da wurden die Ergebnisse der genannten Charrette diskutiert und um Empfehlungen aus den Perspektiven der Stadtentwicklung ergänzt. Im Mai 2012 folgte das First International College Forum in Frankfurt mit dem Titel Liberal Arts and Science. Education for Agents of Transition. Damit war das College Projekt offizieller Teil des von der Maleki Group organisierten Global Business Week 2012 in Frankfurt am Main. Das Forum hatte ein internationales Publikum. Neben College- und Humanökologie-Interessierten aus dem Ausland und Mitgliedern der DGH, waren auch Fakultätsmitglieder des COA anwesend.. Zum Stand der Planung in diesem Zeitpunkt siehe den 2015 erstellten Aufruf und Flyer.
Kontakte zwecks Kooperation
Ursprünglich war ein ähnliches Vorgehen wie in Emmendingen auch für Weißenburg geplant gewesen. Wegen Unpässlichkeiten kam es aber zu einer Verschiebung. Da inzwischen aber klar war, dass wir uns voll auf Emmendingen konzentrieren wollten, wurde die Option Weißenburg nicht weiter verfolgt. Nun galt es nach Kooperationspartnern Ausschau zu halten. Dank der Vermittlung von Ernst Ulrich von Weizsäcker kam ein Kontakt zur Universität Freiburg zustande. Die dortige Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen zeigte Interesse. Zur Humboldt-Universität in Berlin ergaben sich Kontaktmöglichkeiten über unser Initiativmitglied Parto Teherani-Krönner, die dort als Sozialwissenschaftlerin mit den Spezialgebieten Geschlechterforschung in ländlichen Räumen und Mahlzeitenkultur tätig war.
Von entscheidender Bedeutung war aber die Einstellung des COA zu unserem Projekt. Dieses sagte eine Kooperation zu, und das war wichtig im Hinblick auf eine Lösung des Problems der Akkreditierung, denn bis in Deutschland eine solche möglich wäre, würde es einige Jahre dauern. Eine diskutierte Möglichkeit war, für das europäische College mit Unterstützung des COA eine Akkreditierung im Staate Maine, USA, zu erlangen, eine andere, den Studierenden zu ermöglichen, die letzten zwei Jahre des Bachelor-Programms am COA zu verbringen und dort zu einem Abschluss zu kommen. Wichtig war und ist auch der Kontakt zur mit dem COA eng verbundenen SHE. An deren internationalen Konferenzen hatte Wolfgang Serbser jeweils Gelegenheit, in Sitzungen, die sich der humanökologischen Hochschulbildung widmen, seine Gedanken über neue Entwicklungen einzubringen, über die Pläne für ein europäisches College zu berichten (siehe als Beispiel Serbser 2016) und damit neue Kooperationen einzuwerben.
Sommeruniversitäten
2013 wurde beschlossen, in Emmendingen zweiwöchige Sommeruniversität anzubieten. Dies erfolgte aus zwei Gründen: Erstens um den Bekanntheitsgrad des College-Projektes zu steigern und zweitens zum Experimentieren mit einem praxisorientierten, an der Idee des Reallabors orientiertem Lehrkonzept. Die erste Sommeruniversität fand 2015 unter dem Titel The Future of Food Sustainability und mit der Unterstützung des COA durch die Mitwirkung der dort Lehrenden Ökologin Molly Anderson statt. Die Studierenden hatten Gelegenheit, verschiedene Betriebe aus der Umgebung in der Praxis kennenzulernen und einen davon als Partner für ihre Projektarbeit auszuwählen. Ziel war es, ausgewählte Zukunftsaufgaben dieser Partner in praxisorientierten Entwicklungsprojekten zu bearbeiten und umzusetzen. Je eine Gruppe befasste sich dann mit dem Demeter Landwirtschaftsbetrieb Querbeet, der Weinmanufaktur Mario Burkhart, sowie der Bürgeraktiengesellschaft Regionalwert AG. Die Arbeit bestand in Lektüre, Diskussionen, Interviews, teilnehmender Beobachtung und Mitarbeit. Die Ergebnisse wurden in Berichten festgehalten, und die Projektarbeit wurde auf einer öffentlichen Abschlussveranstaltung mit Postern und Kurzpräsentationen vorgestellt. Siehe dazu das Konzept 2015, das Charrette-Buch 2015 und den Bericht von Teherani-Krönner u.a. 2015.
Eine zweite derartige Sommeruniversität wurde im nächsten Jahr angeboten, jetzt zum Thema The Future of Sustainable Food Business. Wiederum bekamen wir Unterstützung vom COA, diesmal in der Person des auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Betriebsökonomen Jay Friedlander. Und auch diesmal stellten sich wieder regionale Unternehmen als Partnerbetriebe zur Verfügung.
Es bildeten sich fünf Gruppen, die sich den fol-genden Aufgaben widmeten:
1) Herstellung einer digitalen Karte der weit verstreuten Felder des Querbeet-Landwirtschaftsbetriebs;
2) Vorschläge für eine verbesserte Investitionsstrategie der Regionalwert AG;
3) Ex-periment mit einer neuen Methode der Herstellung von Tofu und Überlegungen zu neuen Marketingstrate-gien für die Firma Taifun Tofu;
4) Entwicklung eines Marketingkonzepts mit dem Ziel der Vermehrung der Zulieferer von Ziegenmilch für die Ziegenkäse produzierende Firma Monte Ziego;
5) Vorschläge zur Gestal-tung eines Bienenhaltung ermöglichenden städtischen Gartens auf dem Betriebsgelände des auf Umwelt-technik spezialisierten Industriebetrieb Wehrle Werk.
Siehe dazu das Konzept 2016. das Charrette-Buch 2016 und die Berichte von Schmidtsdorf und Serbser 2016 sowie Serbser 2016.
Eine dritte Sommeruniversität wurde 2018 durchgeführt und handelte von Urban Concepts in Sustainable Transition. Dabei wurde in Absprache mit der Stadt ihr ehemaliger Festplatz, der inzwischen zu einem Massen-Parkplatz heruntergekommen war, in den Blick genommen. Unter Leitung von Duane Phillips, der schon an der Charrette 2011 federführend mitgewirkt hatte, erhielten die Studierenden die Aufgabe, für dieses Gelände einen Masterplan für ein nachhaltiges, klimaneutrales und resilientes Quartier zu entwickeln. Das passte bestens zur Absicht der Stadt, ab dem nächsten Jahr eine Stadtklimaanalyse und danach ein Anpassungskonzept für eine klimagerechte Stadt zu entwickeln. Die Studierenden planten nicht nur Wohneinheiten, Büros, Gärten, kulturelle Einrichtungen und integrierte Infrastrukturen für Mobilität und Erholung, sondern auch das Hauptgebäude für unser geplantes College. Darüber hinaus entwickelten die Studierenden verschiedene den Folgen des Klimawandels widerstehen-de Element für das Quartier.Von besonderer Bedeutung war die Arbeit von drei Studierenden, die ein Konzept entwickelten, wie die Räume einer zukünftigen Hochschule gekühlt werden könnten, ohne dabei energieintensive Klimaanlagen nutzen zu müssen. Sie machten sich die jahrhundertealte orientalische Tradition des Windturms zunutze, der Kühlung und Querlüftung ohne den Einsatz zusätzlicher Energie ermöglicht.
Die Ergebnisse wurden unter großer Beteiligung der Emmendinger Bevölkerung am Ende der Sommeruniversität vorgestellt und führten zu dem Vorhaben, dass die Stadt auf der Basis der genannten Arbeiten im Rahmen der »Nationalen Projekte des Städtebaus (NPS)« des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen einen Förderantrag einreichen sollte. Das kam aber aus lokalpolitischen Gründen letztlich nicht zustande. Seither ist das Projekt »College« in Emmendingen aufs Eis gelegt. Siehe dazu das Konzept 2018. das Charrette-Buch 2018 (das genannte Windturm-Konzept wird auf den Seiten 26 bis 30 dargestellt) und den Bericht von Serbser und Hofmann 2018.
Die Ergebnisse der Sommeruniversitäten wurden in zwei Ausstellungen in Emmendingen gezeigt, 2017 für die ersten zwei, 2018 für alle drei. Die Ausstellung wanderte anschließend 2020 nach Sommerhausen (DGH-Jahrestagung) und 2022 zur Potsdamer Konferenz.
Organisatorisches und Studienplan-Entwicklung
Schon 2013 war ein Beirat aus prominenten Personen aus Wissenschaft und Kultur unter dem Vorsitz von Ernst-Ulrich von Weizsäcker gebildet worden. 2017 entstand aus der vorherigen DGH-Studiengruppe die unabhängige gemeinnützige GmbH »Europäisches College der Humanökologie gGmbH« (Abkürzung COHE). Als Gesellschafter fungierten der Soziologe und Humanökologe Wolfgang Serbser, der ökologisch orientierte Ökonom Klaus Markus Hofmann, der Agrar- und Umweltsoziologe Andreas Nebelung und der Geograf und Humanökologe Dieter Steiner. Die beiden erstgenannten teilten sich in die Geschäftsführung. Die oben genannte Sommer-Uni 2018 war ein erstes Projekt. Es folgte die Ausarbeitung eines Master-Studienplanes »Humanökologie und Philosophie sozialer Innovation« für die Alanus-Hochschule in Alfter bei Bonn, nachdem Vertreter dieser Institution ihr Interesse bekundet hatten. Siehe dazu den Entwurf eines Modul-Handbuches. Leider ist diese Studienmöglichkeit bis jetzt nicht aktiviert worden. Deswegen wurde die Idee verfolgt, statt eines College zunächst eine kleinere Institution zu etablieren, die wir Akademie nannten. Sie hätte als Informationszentrum dienen, Studienpläne entwickeln, Kurse anbieten, Vernetzungen fördern und allgemein für die Existenz einer Humanökologie werben können. Kontakte zu einer Stiftung verliefen leider im Sande. 2021 traten Andreas Nebelung und Markus Hofmann aus der gGmbH aus, der erstere, weil er sich anders orientieren wollte, der letztere aus gesundheitlichen Gründen. Wolfgang Serbser führte die Geschäftsleitung weiter und entwickelte zusammen mit Dieter Steiner den Akademiegedanken.
Internationales Online-Programm 2021
Im Sommer 2021 - es war noch die Zeit der Einschränkungen wegen der Covid-19-Pandemie – wurde anstelle einer weiteren Sommeruniversität ein Online-Programm organisiert. Es gab einen Aufruf, Videos zur humanökologischen Themen zu produzieren und einzureichen. Diesem kamen eine ganze Reihe von Personen nach, und entstand eine Sammlung von 14 Beiträgen, teils deutsch, teils englisch. Zur Aktivierung des Portals, das zu ihnen führt, war zunächst eine Registrierung erforderlich. Mittlerweile sind alle Präsentationen unter Beachtung akademischer Nutzungsbedingungen frei zugänglich. Am 20. August fand dann ein Zoom-Treffen unter dem Titel Human Ecology – Basic Knowledge for Agents of Transition statt. Den Mitschnitt der Beiträge zu dieser Veranstaltung findet man via Online-Konferenz 2021. Sie diente auch als Vorstufe zu der großen internationalen Konferenz in Potsdam 2022.
Internationale hybride Konferenz 2022
Diese Konferenz wurde unter dem Titel Facing the Future. Human Ecology and Higher Education vom 31. August bis zum 3. September 2022 in Potsdam durchgeführt. Dazu wurden Konferenzziele formuliert. Die Konferenz hatte nun ein hybrides Format, d.h. die Teilnahme war zum Teil live, zum Teil online). Co-Präsident der Konferenz war Ortwin Renn, damals Direktor des Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS, heute Research Institute for Sustainability = RIFS). Er stelle die benötigten Räumlichkeiten und die technische Infrastruktur zur Verfügung. Als Aufruf zur Teilnahme diente ein Themenpapier. Insgesamt nahmen um die 100 Personen von allen Kontinenten teil und offerierten um die 60 Präsentationen, die in 16 Themenblöcken vorgestellt und diskutiert wurden. Zu den Themen gehörten: Impact of Climate Change, Agenda 2030, War and Politics, Transdisciplinarity, STEM Education, Digitalization, Systems Theory, Environmental Education, Environmental Justice, Food Security, Meal Culture, Studium Generale, Social Innovation, Art of Living, Harmony with Nature and Radical Human Ecology (siehe Programm 2022).
Lehrreich waren Beiträge von außereuropäischen Hochschulen, speziell von den Philippinen, an denen eine stark praxis-orientierte Humanökologie Teil des Studienangebotes ist. Abgerundet wurde die Konferenz durch Key-Note-Ansprachen von:
Ernst Ulrich von Weizsäcker, jetzt Ehrenpräsident des Club of Rome;
Richard Borden, langjähriger Dean des College of the Atlantic;
Lene Rachel Andersen, dänische Ökonomin, bekannt geworden durch ihr Buch Bildung, Keep Growing, Bericht an den Club of Rome;
Jennifer Amparo, Professorin am College of Human Ecology und Assistant Vice Chancellor an der University of the Philippines, Los Banos;
Thomas Schmaus, Professor für Philosophie an der Alanus Hochschule in Alfter bei Bonn;
und schließlich
Johan Rockström, Professor am Potsdam Institute for Climate Impact Research (PIK) und Mit-Vorsitzender der Earth Commission, einer Vereinigung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die versuchen, einen sicheren und gerechten Zukunftsweg für die Menschen und den Planeten zu definieren. Rockström veröffentlichte auf der Konferenz den gerade erschienen neuen Bericht an den Club of Rome „Earth for all“ in seinem Abschlussvortrag.
Für die meisten Präsentationen finden sich Mitschnitte auf der COHE-Website. Elf Personen erklärten sich bereit, ihren Beitrag in schriftliche Form zu fassen. So liegen nun insgesamt 13 Artikel vor, die in der Human Ecology Review (HER), dem Organ der Society for Human Ecology publiziert werden. Siehe den Bericht von Serbser & Steiner 2023.
Europäisches Netzwerk
An der genannten Konferenz gab es einen Aufruf zur Bildung eines Europäischen Netzwerkes der Humanökologie. An Humanökologie interessierte Personen sollen sich finden, miteinander kommunizieren und eventuell Möglichkeiten der Kooperation entdecken können. Inzwischen hat Sara Löwgren, eine Doktorandin an der Universität von Linköping in Schweden, eine führende Rolle übernommen. Sie tut das unabhängig vom COHE, aber im Kontakt mit ihm. Sara Löwgren hat einen BA in Human Ecology vom College of the Atlantic, studierte für einen MA in Global Studies an der Universität von Göteborg (Schweden) und promoviert nun in Linköping im Department of Thematic Studies zum Thema How can better futures be shaped in rural areas in the age of climate change? (Siehe Sara's website http://sara.lowgren.info/). Unter der Bezeichnung »Thematische Studien« werden in Linköping gesellschaftliche Fragen angegangen, die eine interdisziplinäre Behandlung erfordern. In Kooperation mit Mihnea Tănăsescu an der Universität von Mons (Belgien) und Vasna Ramasar an der Universität von Lund (Schweden) organisiert Sara auch Online-Humanökologie-Seminare. Kontakt: sara.lowgren[at]liu.se.
Erinnern wir uns hier, dass einst eine European Association for Human Ecology (EAHE) existierte. Das neue Netzwerk soll die einst existierende European Association for Human Ecology (EAHE) ersetzen. Diese war 1988 gegründet worden und umfasste Personen, die Universitäten oder Gesellschaften aus Portugal, Spanien, Frankreich, Belgien, Niederlande, England, Schweden und der Schweiz vertraten. Schon vorher, seit 1973, gab es eine Übereinkunft zwischen einer Reihe von Hochschulen unter den Auspizien des regionalen Bureaus der World Health Organization (WHO) in Kopenhagen, die die Möglichkeit des Erwerbs eines International Certificate in Human Ecology betraf. Dabei handelte es sich um ein Postgraduierten-Studium in Humanökologie. Die Idee war, damit die interuniversitäre Kooperation auf diesem Gebiet zu fördern. Die Koordination dieses Netzwerkes wurde vom von Luc Hens und Charles Susanne betreuten Centre Européen d’Ecologie Humaine an der Freien Universität in Brüssel geleistet. Siehe dazu Hens, Susanne & Devuyst 1989, Hens 1991a und 1991b, Hens 1994 und Hens & Devuyst 1994. Mit dem Rücktritt entscheidender Personen und thematischen Umorientierungen an den Hochschulen ist dieses alte Netzwerk in der Folge wieder verschwunden.
Schluss
Die Gründung des Europäischen College der Humanökologie hatte sich von Anfang an das Ziel gesetzt, die europäische Vernetzung der Humanökologie nicht nur ideell zu fördern, sondern auch organisatorisch einen Ort zu schaffen der dem europäischen Gedanken ganz praktisch Rechnung tragen kann. Wenn auch ein akkreditierter Studiengang Humanökologie noch nicht geschafft und ein Campus noch nicht errichtet werden konnte, so sind in den letzten Jahren viele erfolgreiche Schritte in dieser Richtung geleistet worden. Das Europäische College der Humanökologie bietet die rechtliche, administrative und praktische Voraussetzung diesem Ziel weiter nachhaltig zu verfolgen. Dabei bietet der in Deutschland fundierte Status der Gemeinnützigkeit steuerlich und rechtliche Vorteile und damit eine hervorragende Ausgangslage für eine gesamteuropäische, internationale Entwicklung der Humanökologie. Das ist das Erbe und der Schatz, den die bisherigen Arbeiten am und für das College der nächsten Generation übergeben wollen.
Literatur
Hens, Luc (1991a). International Networking Strategies in Human Ecology in Europe: The Brussels’ Experience. In M. Suzanne Sontag, Scott C. Wright & Gerald L. Young (Hrsg.). Human Ecology. Strategies for the Future. Selected Papers from the 4th Conference of the Society for Human Ecology, Michigan State University, April 20-22, 1990 (pp. 255-264). Society for Human Ecology, Fort Collins, CO.
Hens, Luc (1991b). Inter-University Cooperation on Human Ecology in Europe. In Shosuke Suzuki, Richard J. Borden & Luc Hens (Hrsg.). Human Ecology - Coming of Age: An International Overview (pp. 91-114). VUB Press, Brüssel.
Hens, Luc (1994). Networking in Human Ecology in Europe. Environmental Management and Health 5(2), 11-14.
Hens, Luc & Dimitri Devuyst (1994). Human ecology: The European perspective. Human Ecology Review 1(2), 326-334.
Hens, Luc, Charles Susanne & Dimitri Devuyst (1989). Interuniversity Cooperation on Human Ecology as Organized by the „Centre Européen d’Ecologie Humaine. In Charles Susanne, Luc Hens & Dimitri Devuyst (Hrsg.) Integration of Environmental Education into General University Teaching in Europe (pp. 335-343). UNESCO-UNEP, Paris & Vrije Universiteit Brussel, Brüssel.
Schmidtsdorf, Julie & Wolfgang H. Serbser (2016). Sustainable Food Business im Fokus der zweiten Sommeruniversität. GAIA 25(4): 294-295.
Serbser, Wolfgang H. (2016). DGH international - Sommeruniversität 2016 und SHE-Konferenzen. GAIA 25(2): 137-138.
Serbser, Wolfgang H. & Klaus Markus Hofmann (2018): Humanökologisches Reallabor für Klimafolgenanpassung in Emmendingen. GAIA 27(4): 402-404.
Serbser, Wolfgang & Jadranka Mrzljak (2006). A College of the Atlantic for Europe. GAIA 15(4): 307-309.
Serbser, Wolfang & Jadranka Mrzljak (2007). A College of Human Ecology for Europe. GAIA 16(4): 304-306.
Serbser, Wolfgang & Dieter Steiner (2023). Facing the future: Human ecology and »Bildung«. GAIA 32(1): 202-203.
Steiner, Dieter (2011). Der Weg zu einem europäischen College für Humanökologie. GAIA 20(4): 284-285.
Teherani-Krönner, Parto, Wolfgang H. Serbser & Dieter Steiner (2015). Sommeruniversität Zukunft nachhaltiger Ernährung. Ein Schritt in Richtung Europäisches College für Humanökologie. GAIA 24(4): 286-288.
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[1] Die SHE ist in den USA ansässig, aber international ausgerichtet.